Wollen alle dicken Menschen abnehmen?

Ein Artikel von Gisela

Wundercurves Expertin Gisela Enders über Diäten

Wollen alle dicken Menschen abnehmen? Diese Frage ist immer mal wieder Thema bei allen möglichen Gesprächen. Manchmal kommt die Frage allerdings gleich als Aussage daher. Aus der Reihe, ist doch logisch, dass alle dicken Menschen abnehmen wollen. Stimmt nicht. Es ist nicht meine Vorstellung. Und glücklicherweise bin ich nicht alleine mit der Aussage: Ich kann und will nicht abnehmen. Und das hat Gründe:

Ich habe seit 25 Jahren keine Diät mehr gemacht. Ich kontrolliere nicht, was ich esse. Ich bemüh mich nur, möglichst viel Bio zu essen, mehr aus Verantwortung für die Tiere und die Umwelt und aus der Erfahrung, dass gerade Fleisch aus anständiger Haltung einfach deutlich besser schmeckt. Und ich esse gerne, was gut schmeckt! Keine Angst, ich bin seitdem nicht aus dem Leim gegangen.

Aber es gab auch eine Zeit in meinem Leben, in der ich viele Diäten gemacht habe. Was geblieben ist, ist deutlich mehr Gewicht und ein langer Weg zurück zu einem normalen Essverhalten. Denn das war lange Zeit auch gestört.

Aber warum funktionieren Diäten nicht?

Diäten helfen nicht

Weil wir sie nicht ewig einhalten können. Bisher gibt es kein Mittel oder Rezept, das Gewicht niedrig zu halten, wenn man wieder zu einer normalen Ernährung übergeht. Selbst beim jahrelangen Diäthalten, kommt es bei vielen Menschen wieder zu einer Gewichtszunahme, obwohl sie weiterhin reduziert essen.

Diäten gibt es zahlreiche, die meisten dicken Menschen haben jahrelang Diäten ausprobiert und dabei eins auf jeden Fall erreicht – sie haben ihren eigenen Stoffwechsel mindestens aus der Ordnung gebracht, wenn sie ihn nicht sogar in gänzliche Unordnung gebracht haben.

Menschen sind nicht einfach nur dick, weil sie zu viel essen, sondern es gibt zahlreiche Ursachen für das sogenannte „Übergewicht“. Ein Großteil liegt in der genetischen Disposition, aber auch unser Ernährungsangebot, unser Lebensstil und letzten Endes auch unsere Sucht nach Schlankheit können eine Rolle spielen.

Die unterschiedlichen Gründe sind oft miteinander kombiniert und viele dicke Menschen werden deshalb lange brauchen, um die jeweiligen eigenen Gründe zu ermitteln. Und viele finden es nie heraus, eben weil der Körper komplex ist und nicht einfach nach den Spielregeln funktioniert, die suggerieren: Iss weniger und beweg Dich mehr, dann wirst Du weniger.

Diäten in der Pubertät

Dabei haben wir es alle schon ausprobiert. Ich zumindest kenne keinen dicken Menschen, der nicht bereits mehrmals in seinem Leben versucht hat, abzunehmen.

Die meisten Diätkarrieren beginnen in der Pubertät. Für viele Menschen ist es aber nicht mit ein oder zwei Diäten in der Pubertät getan. Im Gegenteil, der Körper will sich einfach nicht an die Kontrolle halten und es heißt, sich in regelmäßigen Abständen wieder zu kasteien und die Nahrungszufuhr auf ein Kalorienniveau abzusenken, die der Körper nur als Hungersnot interpretieren kann. Die anschließende Gewichtszunahme wird als Kontrollverlust und eigenes Versagen interpretiert.

In zahlreichen Zeitschriften, in Fernsehsendungen und sogar in vielen Arztpraxen wird doch vermittelt, dass eine Gewichtsabnahme kein Problem ist. Also geht der Kampf gegen den eigenen Körper weiter. Aber vielleicht ist es gar nicht die eigene Willensschwäche und der eigene Körper, der hier versagt? Vielleicht ist die empfohlene Methode einfach der falsche Weg?

Ärzte zum Thema Ernährung

Wie würde man reagieren, wenn bei einer Krankheit die Ärztin einem eine Behandlungsmethode empfiehlt, die wissenschaftlich nachgewiesen die Chance von 5 Prozent hat, zu einer Besserung beizutragen? Und die dazu noch eine ganze Reihe von anderen Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringt?

Für Diäten sieht die Statistik genau so aus. Zusammengefasst lässt sich sagen: Diäten funktionieren auf eine lange Sicht nicht, sie erhöhen die Chance, mehr Gewicht zuzulegen, sind für zahlreiche Krankheiten verantwortlich und untergraben massiv ein positives Lebensgefühl.

Gewichtszunahme ist nicht die Schuld und das Versagen der einzelnen Person. Sie hat nichts falsch gemacht! Jenseits aller Werbesprüche und Motivationstexte in Frauenzeitschriften ist mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesen: Die Behandlungsmethode ist die falsche, nicht die Menschen, die diese anwenden.

Dazu einige Hintergründe:

Der Jo-Jo-Effekt dürfte inzwischen hinlänglich bekannt sein. Kurz zusammengefasst: Der Körper kennt keine Diäten, sondern Hungersnöte. Nach jeder Hungersnot verbessert er seinen Stoffwechsel, um mehr Energie aufzunehmen und in Form von Fett zu speichern. Kluger Schachzug – denn die nächste Hungersnot kommt bestimmt.

Mit dieser Form der Dauerdiäten haben es einige Menschen geschafft, einen extrem effektiven Stoffwechsel aufzubauen, der mit nur wenigen Kalorien für den Grundumsatz auskommt und alle weiteren Kalorien munter speichert. Dumm für uns – evolutionstechnisch macht dies aber durchaus Sinn.

Dazu kommt, dass unsere Stoffwechsel grundsätzlich sehr unterschiedlich funktionieren und es nachgewiesener Weise längst nicht so ist, dass eine Kalorie bei jedem Menschen gleich viel Energie spendet. Es gibt Menschen, die können damit mehr anfangen und andere weniger. Es gibt Menschen, die nehmen bei erhöhter Nahrungsaufnahme zu und andere tun dies in einem deutlich geringeren Umfang.

Bei manchen Menschen ist der Jo-Jo-Effekt deutlich nachvollziehbar, wenn diese ihre Diätgeschichte dokumentieren. Bei anderen verschwimmt er, weil sich natürlich eine Gewichtszunahme Jahre später und meistens sehr schleichend einstellt. Sie ist nicht unmittelbar der Diät von anno dazumal zuzuschreiben und möglicherweise wird durch neue Diäten ein Jo-Jo-Effekt immer wieder hinausgezögert. Dennoch waren die Diäten langfristig nicht erfolgreich.

Strafverschärfend machen Diäten auch noch krank. Viele Krankheiten werden dem Übergewicht zugeschrieben, tauchen aber nicht in Kulturen auf, in denen ein dicker Körper okay ist. Vielleicht werden die Krankheiten gar nicht durch das Gewicht, sondern durch ständiges Auf und Ab sowie durch Selbsthass verursacht?

  • Die weitverbreitete Annahme, der Körper würde bei verringerter Nahrungszufuhr Fett abbauen, ist falsch. Der Körper baut sich selbst ab. Bei radikalen Diäten können Muskeln, Knochen und sogar Organe abgebaut werden. Die Muskeln, die am meisten gefährdet sind, sind die Herzmuskeln. Das Risiko am Herz zu erkranken ist 70 Prozent höher, wenn das Gewicht stark schwankend ist. Unabhängig von der Höhe des Gewichts, des Blutdrucks, der Rauchgewohnheiten, des Cholesterinspiegels und der körperlichen Aktivitäten.[vgl. Framingham Studie, veröffentlicht im „New England Journal of Medicine“, 1991]

  • Hoher Blutdruck ist ein weiterer Nebeneffekt bei Diäten, verursacht durch hohen physischen und psychischen Stress. Der ernährungsbedingte Stress kann auch zu einem elektrolytischen Ungleichgewicht führen, das heißt im Blut befindet sich eine sehr geringe Menge an Kalium, welches zum Herzinfarkt führen kann. Und wenn der Körper zuletzt doch Fett abbaut, dann schwimmt dieses zunächst im Blut, was für längere Zeit eine dramatische Verschlechterung der Lipidwerte zur Folge hat mit dem Risiko eines Herzinfarktes. Studien darüber werden der Öffentlichkeit vorenthalten.

  • Ein direkter Zusammenhang zwischen Diäten und Osteoporose konnte auch nachgewiesen werden. Osteoporose ist eine tödliche Krankheit, die aufgrund eines Kalziummangels zum Knochenabbau, bzw. zu stark zerbrechlichen Knochen, führt. Schon ein fünf monatiges Diätprogramm kann zu einem signifikanten Knochenverlust führen.

  • Die Liste der Krankheiten, die mit Diäten verbunden werden, ist lang und wird mit jedem Tag ein bisschen länger. Es weisen immer mehr Studien nach, dass unsere „Kuren” uns umbringen. Die Krankheitsliste enthält beispielsweise: Angstzustände, Depressionen, Lethargie, verringertes Selbstbewusstsein, verminderte Aufnahmefähigkeit, Schwächeanfälle, hoher Blutdruck, Haarverlust, Gallenblasenkrankheiten, Gallensteine, Herzinfarkte, Verstopfung, Anämie, trockene Haut, Schwindelanfälle, vermindertes Sexualbedürfnis, Menstruationsunregelmäßigkeiten, Unfruchtbarkeit, Nierensteine, Taubheit in den Beinen, Geschwüre, Gewichtszunahme, Essstörungen, verringerte Abwehrkräfte, Gicht, verringerte Bewegungstoleranz, elektrolytisches Ungleichgewicht, Knochenverlust, Osteoporose und Tod.[vgl. Dwan Atkins „Weight Loss, Fact and Fiction“ von NAAFA, USA]

Ich freue mich deshalb über jeden Menschen, der und die für sich selbst entscheidet, keine Diät machen zu müssen, um gesund und glücklich zu leben.

Autorin Gisela Enders arbeitet als Coach u.a. für einen gesunden Umgang mit dem Körper. Sie ist Autorin des Buches „ Wohl in meiner Haut“ und Vorsitzende des Vereins Dicke e.V.. Als Wundercurves Expertin wird sie uns regelmäßig mit Wissenswertem zum Thema Selbstliebe und Selbstakzeptanz füttern.