Wie schläft man richtig?

Ein Artikel von  Tiffany  tiffany-la

Tipps vom Schlafforscher Prof. Dr. Zulley

Unser Schlaf gehört zu den essenziellen Dingen des Lebens. Guter Schlaf ist notwendig für unsere Gesundheit, die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden. Wir haben den Diplom-Psychologen Prof. Dr. Jürgen Zulley, einen der renommiertesten Schlafforscher Deutschlands gewinnen können, mit uns über guten Schlaf sowie die Bedeutung von Schlafen und Wachen zu sprechen.

Prof. Dr. Zulley spricht mit uns über das Schlafen (Bild wurde netterweise von Herrn Prof. Dr. Zulley zur Verfügung gestellt)

Man kann sowohl zu wenig als auch zu viel schlafen. Woran erkennt man, wie viel Schlaf man braucht?

Man hat genug geschlafen, wenn man sich tagsüber überwiegend ausgeschlafen fühlt. Überwiegend, weil ein Mittagstief immer erlaubt ist. Es geht also nicht darum, wie lange man schläft oder wie gut man meint, geschlafen zu haben, sondern um die Konsequenzen des Schlafes.

Das heißt, es ist nicht automatisch ein Zeichen von Schlafmangel, wenn man morgens nur mit einem Wecker wach wird?

Nein, wobei viele wohl mehr schlafen könnten. Ohnehin geht es weniger um die Schlafdauer als um die Schlafqualität! Aber wenn man morgens einen Wecker zum Aufstehen braucht, sich aber sonst tagsüber gut fühlt, heißt das nicht, dass man einen Schlafmangel hat.

Was genau sind denn Kriterien für gute Schlafqualität?

Nun, die Qualität lässt sich leider nur professionell im Schlaflabor messen. Vor allen Dingen ist die Menge an Tiefschlaf wichtig. Es gibt verschiedene Schlafstadien und der sogenannte Tiefschlaf ist das wichtigste Stadium. Wenn man also tagsüber müde ist, heißt das streng genommen nicht, dass man zu wenig geschlafen hat, sondern zu wenig Tiefschlaf hatte. Und es gibt weitere Kriterien, z.B. wenn man zu lange wach liegt, zu unruhig schläft. Aber das alles können wir eigentlich nur im Schlaflabor messen. Mit subjektiven Angaben liegt man oft schief, eigentlich sollte man gar nicht erst versuchen, seinen Schlaf subjektiv zu beurteilen.

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Kann man seinen Körper an weniger Schlaf gewöhnen?

Es ist natürlich eine gewisse Variabilität gegeben, wie in allen biologischen Daten. Aber ich würde grundsätzlich nicht empfehlen, die Schlafdauer zu verkürzen. Es gibt ja auch Menschen, die damit angegeben, mit wie wenig Schlaf sie auszukommen. Ich hoffe, das ist langsam überholt. Natürlich kann man auch mal mit weniger Schlaf auskommen. Aber systematisch weniger zu schlafen, halte ich für keine gute Idee.

Zu wenig Schlaf kann krank, dumm und dick machen. Das sollte man also nicht probieren. Es gibt allerdings auch ein Problem bei Leuten, die zu viel schlafen, zum Beispiel bei einigen Menschen im Ruhestand, die weniger sozialen Verpflichtungen haben und morgens keine Termine haben. Diese tendieren dazu, länger zu schlafen und das ist auch nicht gut. Die meisten Menschen brauchen etwa 7 Stunden Schlaf, aber das muss jeder für sich selber herausfinden.

Sie sagen, dass zu wenig Schlaf dick macht, ist da wirklich ein direkter Zusammenhang erkennbar?

Ja, das haben Studien gezeigt. Das ist natürlich nicht bei allen so, aber es besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Übergewicht, wenn man zu wenig schläft. Übrigens auch schon bei Kindern und Jugendlichen. Nicht aber bei einer chronischen behandlungsbedürftigen Schlafstörung, hier kehrt sich der Effekt um und diese Patienten zeigen kein Übergewicht. Andere Faktoren sind hierfür zuständig.

Woher kommt dieser Zusammenhang?

Einige Hormone, die wir im Schlaf ausschütten, führen zu einem Sättigungsgefühl. Schlafen wir weniger, werden weniger solcher Sättigungshormone ausgeschüttet und wir essen tagsüber mehr. Das ist eine der Ursachen. Wahrscheinlich ist auch, dass andere Faktoren, die zu dem verkürzten Schlaf führen, auch das Körpergewicht beeinflussen können. Ansonsten wissen wir, wie in anderen medizinischen Bereichen auch, nicht ganz genau, woran es liegt. In Studien wird der Zusammenhang allerdings deutlich.

Ist es denn nicht auch mal wichtig, zum Beispiel an einem Sonntag ganz lange im Bett zu liegen und richtig auszuschlafen?

Aus anderen Gründen ist das wichtig: Das ist reine Entspannung! Wir brauchen Phasen des Abschaltens und Entspannens. Das bringt aber nichts, direkt für den Schlaf. Im Gegenteil, wir laufen Gefahr, in ein zu langes Schlafen zu rutschen. Viele kennen das ja, man schläft sonntags sehr lange, ist aber trotzdem den ganzen Tag nicht so leistungsfähig wie bei seiner normalen Schlafdauer. Aber man ist sehr entspannt und das ist ja auch wichtig!

Kann man bewusst etwas dafür tun, um seine Schlafqualität zu verbessern?

Naja, da gibt es ja den Begriff der Schlafhygiene. Dazu zählt beispielsweise, dass man abends nicht zu viel essen, sich tagsüber bewegen und auf das passende Raumklima achten sollte. Solche Maßnahmen führen tendenziell zu erholsamerem Schlaf. Wir haben mal eine Studie durchgeführt und haben herausgefunden, dass Bettdecken mit bestimmten Eigenschaften zu mehr Tiefschlaf führen. Es sind also verschiedene Einflussfaktoren, die den Schlaf verbessern können.

Das heißt, eine bestimmte Bettdecke führt zu besserem Schlaf? Können Sie das näher ausführen?

Genau, wir haben Bettdecken untersucht und wollten herausfinden, ob das überhaupt den Schlaf beeinflusst. Und tatsächlich sind Materialien, die Feuchtigkeit gut durchlassen, besser für unseren Schlaf! Im Test war das eine Decke mit sogenannten "Klimazonen“.

Es gibt viele Schlafhilfen, von Schlafbrillen hin zu Handy-Apps. Gibt es Hilfsmittel, die wirklich empfehlenswert sind?

Man sollte sich folgendes Oberprinzip vor Augen halten: Entspannung ist der Königsweg in den Schlaf. Alles was zur Entspannung führt, verbessert auch meinen Schlaf. Das kann leise und ruhige Musik sein, ein Entspannungstraining oder auch Fantasiebilder. Dazu gehört auch, dass man sich tagsüber ausreichend bewegt hat, damit man körperlich müde ist. Wenn Sie es schaffen, gut entspannt zu sein, ist das das Wichtigste! Das schafft jeder auf seine Weise. Es hilft zum Beispiel, vor dem Schlafengehen eine Stunde lang kein Fernsehen zu schauen oder am Computer zu sitzen. Wir haben keinen „Schlafmodus-Knopf“, sondern brauchen eine Weile, um runterzukommen.

Haben Sie Tipps für Menschen, deren Schlaf regelmäßig gestört wird, Beispiel Mutter mit Kind oder schnarchender Partner?

Das ist nicht leicht. Bei einem kleinen Kind müssen die Eltern solche Zeiten gemeinsam durchstehen. Tatsächlich entstehen in solchen Situationen manchmal Schlafstörungen. Entscheidend ist allerdings nicht nur der Reiz, der mich stört, sondern vor allem die Bewertung der Situation. Dreht mein Nachbar abends oft die Musik auf, dann nervt mich das, weil ich diese Geräusche nicht akzeptieren kann. Bei Müttern ist die Einstellung natürlich ganz anders und sie akzeptieren die Geräusche. Das hilft sehr. Dennoch ist es natürlich schwer und es ist wichtig, dass sich die Eltern gegenseitig helfen.

Beim schnarchenden Partner gibt es natürlich eine ultimative Lösung, nämlich getrennte Schlafzimmer. Das ist gar nicht so schlimm, wie manche befürchten. Der Schnarcher kann auch versuchen, sein Schnarchen zu bekämpfen. Schnarchen hängt zusammen mit den Atemwegen, kann also durch z.B. Polypen in der Nase, aber auch durch Übergewicht ausgelöst werden. Der Partner könnte auch Ohropax nehmen. Es gibt also viele Möglichkeiten, die man im Einzelfall prüfen muss. Das Oberprinzip ist auch hier aber die subjektive Bewertung der "Störung".

Mal etwas Radikales: Man liest manchmal von Konzepten mehrphasigen Schlafens, z.B. nur einem kurzen Nachtschlaf aber mehreren Stunden Schlafen tagsüber. Was halten Sie von solchen Ansätzen?

Eigentlich nichts. Wir haben Untersuchungen zum polyphasischen Schlaf gemacht und festgestellt, dass unser erholsamer Schlaf nachts stattfindet. Wir haben einen biologischen Rhythmus. Natürlich kann ich nach- und vorschlafen, aber das sollte man nicht zum Prinzip erheben. Heißt: Habe ich eine Nacht zu wenig geschlafen, kann ich es in einem Mittagsschlaf kompensieren, tue es aber ohnehin in der nächsten Nacht durch mehr Tiefschlaf. Wir sind biologisch nicht dafür vorgesehen, unseren Schlaf dauerhaft in mehreren Phasen einzunehmen. Gegen Mittagsschlaf habe ich aber nichts, solange er kurz ist, maximal 30 Minuten, damit man nicht in den Tiefschlaf gerät. Das sollte man nur in der Nacht.

Vielen Dank für das ausführliche Interview und die Beantwortung unserer vielen Fragen! Wir sind gespannt darauf, wie sich die Schlafforschung weiterentwickeln wird und welche Erkenntnisse noch zu Tage treten werden!