Mutig, kreativ & neugierig: Julia von SchönWild.

Ein Artikel von  Christiane  christiane-seitz

NEU bei uns: Wundercurves Experten aus der Plus-Size-Szene

Heute stellen wir Euch eine neue Wundercurves Expertin vor: Julia mit ihrem Plus-Size-Blog SchönWild.

Unsere Wundercurves Experten sind großartige Curvy Ladies, die Euch regelmäßig in unserem Magazin mit spannenden Outfitideen, Neuem aus der Plus-Size-Welt und zum Nachdenken anregenden Themen wie Selbstakzeptanz und Körperliebe inspirieren.

Mit Julia kannst Du Dich auf mutige Looks, kreative Outfitinspirationen und echte Beauty-Geheimtipps freuen.

Zu Beginn haben wir erstmal die Gunst der Stunde genutzt und die erfolgreiche Plus-Size-Bloggerin über ihr Leben, ihren Beruf, ihre Leidenschaft für Mode & Beauty und ihre Meinung zur Zukunft der Plus-Size-Szene ausgehorcht. Aber schaut selbst:

Plus-Size-Bloggerin Julia von SchönWild. im Wundercurves Interview

Plus-Size-Bloggerin Julia von SchönWild.

Du bist ein richtiger Tausendsassa! Du arbeitest nicht nur als Kreativ-Konzepterin, sondern auch als Make-up-Artist und bloggst über Mode, Beauty, Lifestyle und Travel. Wie kamst Du zum Bloggen und wie war der Anfang für Dich?

Vielen Dank, für dieses schöne Kompliment! :)

SchönWild. ist mit den Jahren gewachsen und hat sich von einem Tagebuch zu einem Fashion & Lifestyle Blog entwickelt. Wie das alles begann, ist eine gute Frage.

Ich habe mich schon immer für Journalismus, Fashion, Fotoshootings und Make-up interessiert. Mit 15 Jahren machte ich mein erstes Praktikum bei der Zeitung, anschließend ging ich zum Radio und zum TV. Ich studierte Germanistik und Geschichte und später Kreativ Konzeption bei einer großen Werbeagentur in Deutschland. In den Semesterferien arbeitete ich als Plus Size Model und Make-up Artist.

Mir war schon früh klar, dass ich einen Job machen werde, den es zu diesem Zeitpunkt nicht gab, und ich wusste, dass es eine Tätigkeit sein wird, bei der all meine Interessen zusammenkommen würden.

2008, zwischen Abitur und Studium, entdeckte ich die ersten Blogs und Youtube. Ich sah mir jedes Video an. Erst 2012 traute ich mich, meinen eigenen Blog zu starten und seitdem bereue ich diese Entscheidung keinen Tag!

Jules von SchönWild.

Jules von SchönWild.

Wenn man sich Deinen Blog und vor allem auch Deine Bilder genauer anschaut, merkt man, was für eine Entwicklung Du in Sachen Mode gemacht hast und mit wie viel Liebe zum Detail Du Deine Fotos und Blogposts planst und umsetzt. Kam Dein wachsendes Selbstbewusstsein durch das Modeln und Bloggen?

Definitiv hat das Modeln und auch das Bloggen dazu beigetragen, dass ich mich heute viel wohler und selbstsicherer fühle als noch vor 5 Jahren.

Wenn man anfängt, Blogtexte mit Substanz zu verfassen, dann beginnt man zu reflektieren und über sich und sein Handeln nachzudenken. Man lernt es, Umstände zu akzeptieren und an den Dingen zu arbeiten, die wirklich wichtig sind.

Was noch dazu beigetragen hat, ist der Plus Size Fashion Markt. Seitdem es immer mehr Kleidung gibt, die passt, die auch mal “skinny” geschnitten ist und gut sitzt, fühle ich mich viel wohler und habe das Gefühl, mehr ICH sein zu können.

Deinen Stil kann man als sehr feminin und verspielt bezeichnen. In Deinen neuen Looks zeigst Du aber auch eine andere starke und auch mal sporty Seite von Dir. Ist das gerade eine Phase des Rumprobierens oder traust Du Dich nun auch an andere Kleidungsstücke?

Ich habe mir dieses Jahr zur Aufgabe gemacht, neue Wege zu gehen. Ich möchte niemals stehen bleiben, mich immer wieder überwinden und selbst überraschen. Deswegen probiere ich jetzt auch mal sportliche, coole Looks aus und nicht nur die femininen Comfort-Zone Kleider.

© SchönWild.de

Letzten Sommer hast Du vielen Frauen Mut mit Bildern von Dir in einem Bikini gemacht. Wie viel Überwindung hat es Dich gekostet und wie war die Resonanz?

Als ich die Anfrage von Zalando bekam, über das Thema Bikinis zu berichten, war ich sehr aufgeregt. Ich hätte mir vorher niemals vorstellen können, mich im Internet im Bikini zu zeigen.

Dann kam der Moment, in dem ich mir überlegt habe, wie ich das Thema aufziehen könnte, um mich dabei wohlzufühlen und es vor mir selbst zu rechtfertigen. Klingt blöd, aber so war es in dem Moment wirklich.

Ich zog das Ganze als Experiment auf und wollte sehen, wie die Menschen beobachten und was wirklich passiert, wenn ich mich mit Größe 46 im Bikini am Strand zeige. Ich wollte die Situation ganz vorurteilsfrei und beobachtend reflektieren und im Text darstellen. Diese Idee hat mir dabei geholfen, den Mut für dieses Projekt zusammenzunehmen.

Als ich dann mit meinem Freund und Fotografen Sebastian nach Sylt fuhr, um die Fotos zu machen, war es auch alles sehr aufregend und überraschenderweise echt schön. Obwohl ich sehr kritisch bin, was Bilder angeht, haben mir diese sofort gefallen. Das war ein gutes Zeichen.

Und ich muss wirklich sagen, dass ich niemals mit so unfassbar viel positivem Feedback gerechnet hätte. Zu lesen, dass es so vielen Frauen Mut macht, hat mir selbst Mut gemacht, das Thema fortzuführen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Siehst Du Dich als Vorbild für alle kurvigen Frauen da draußen?

Vorbild? Puh. So wichtig möchte ich mich nicht nehmen. Ich bekomme immer häufiger Nachrichten, dass Menschen meine Arbeit begeistert, dass es ihnen Mut macht und ihnen hilft, sich so zu lieben, wie sie sind. Das ist das größte Kompliment, was sie mir machen können.

Wenn ich mit meiner Arbeit nur einen Funken entfachen, einen Denkanstoß geben oder einen Standpunkt klar machen kann, dann habe ich damit schon mehr erreicht, als ich es mir jemals hätte ausmalen können.

In einer großen Kooperation hat das Label Studio Untold Dich und andere Plus Size Blogger eingeladen, Euer eigenes designtes Kleidungsstück zu entwerfen.

War es das erste Mal, dass Du etwas selber designt hast? Was ist das für ein Gefühl, Dein Schmuckstück dann auch an anderen Frauen zu sehen? Möchtest Du in der Zukunft mehr designen?

Roxi und ich durften unser eigenes Shirt für Studio Untold designen. Meins hatte ein Flamingo Design zum Anfassen. Der Flamingo war flauschig. Als ich das Top zum ersten Mal selbst getragen habe, war ich einfach nur sprachlos vor Freude.

Dieser Prozess von der ersten Idee bis zum fertigen Teil ist unbeschreiblich. Ich habe tatsächlich noch einige Plus-Size Designs in der Schublade für den Fall, dass ich irgendwann mal eine eigene Kollektion auf den Markt bringen sollte. Auf meiner Wunschliste steht dieser Traum auf jeden Fall!

Jules von Schönwild. im Interview mit Wundercurves

Was sind Deine Lieblingstrends für den Sommer 2017?

Embroidery Shirts & Skirts, Schluppen, Denim in allen Farben & Formen und Vichy-Karos.

Welche Sachen/Dinge braucht jede Frau in ihrem Kleiderschrank und was sollten sich besonders kurvige Frauen anlegen?

Ich möchte niemandem aufdiktieren, was er im Kleiderschrank haben sollte, aber ich gebe gerne einen Einblick in meinen Schrank. Wichtig sind mir gute Basics. Tops in Schwarz, Weiß, Nude, Grau und Dunkelblau. Gut sitzende Shapewear. Eine Lieblingsjeans in Schwarz und eine in Blau, ein figurbetontes, schwarzes Kleid und ein helles Kleid, eine Jacke zum Kombinieren. Ein paar Highlight Pieces mit Steinen oder in auffälligen Farben und zum Schluss: Gute Schuhe, in denen man gut laufen kann.

Plus Size-Bloggerin Jules

Der Markt für große Größen wird immer noch nicht der steigenden Nachfrage gerecht, genau so ist es mit der medialen Wahrnehmung. Was glaubst Du, sind die 3 wichtigsten Ziele und Schritte, die die Gesellschaft und die Modeindustrie angehen muss, damit kurvige Frauen und Männer angemessen repräsentiert werden?

Ich finde die Entwicklung der letzten Jahre gut, wenn man sich die Nische als solche betrachtet. Schaut man auf den gesamten Markt, ist und bleiben Plus Size Personen Außenseiter.

Was meiner Meinung nach passieren muss?

( 1 ) Männer müssen sich hinter das Thema Plus Size stellen. Keine Fat-Fetischisten. Smarte Männer, die etwas zu sagen haben, müssen sich dafür einsetzen. Es ist auch 2017 noch so, dass Männer in vielen Dingen die Entscheider sind und Auswirkungen auf das Verhalten und die Einstellung vieler Menschen haben. Sobald es aufhört, dass sich Männer für Partnerinnen mit Größe 44+ schämen müssen, geht es weiter. Das ist mein Gefühl.

( 2 ) Magazine. Kurvige Frauen müssen medial vertreten sein. Sie müssen ein ernstzunehmendes Medium moderieren oder auf die Cover und nicht weil sie dick sind, sondern weil sie gut sind, in dem, was sie tun!

( 3 ) Selbstbewusstsein. Sobald Frauen anfangen, sich nicht mehr klein zu machen und anfangen sich wirklich in ihren Körpern wohlzufühlen, sind wir auf dem richtigen Weg. Denn erst dann können Frauen sich auf alles andere konzentrieren und der Welt zeigen, was in ihnen steckt. Oder habt ihr jemals erlebt, dass sich ein Mann wegen seines Köpers so klein macht und schlecht fühlt, dass er seine Ziele nicht erreicht? Da müssen wir hin!

Jules von Schönwild.

Hast Du für Dich etwas besonderes in den letzten Jahren gelernt, was Du mit unseren Leserinnen teilen willst?

Ich habe mich in den letzten Jahren eigentlich allen meiner größten Ängste gestellt, um an diesen Erfahrungen zu wachsen. Mir ist es super wichtig, dass ich mich immer wieder weiter entwickle, viel lese und immer wieder neues entdecke.

Eine große Angst, der ich mich gerade vor Kurzem gestellt habe: Fliegen.

Lange Zeit habe ich damit abgeschlossen und so dicht gemacht, dass ich mir gedacht habe: “Egal, welches Jobangebot Du bekommst, Du wirst niemals fliegen. Für kein Geld der Welt”. Alleine die Vorstellung, in einem Flugzeug zu sitzen, hat mich zittern lassen.

Anfang des Jahres habe ich mir das Ziel gesetzt, mich allen Ängsten zu stellen, die ich habe, damit ich mich persönlich wieder einen Schritt weiterentwickle. Das Fliegen habe ich so vor mir hingeschoben.

Dann kam Tag X und ich wurde nach Sizilien eingeladen.

Und dann habe ich mich fokussiert, mir alles mögliche bewusst gemacht, viel gelesen, mit vielen Menschen (auch Piloten) gesprochen. Ich habe mir bewusst gemacht, dass mich Fliegen an mein Ziel bringen wird und dann habe ich zugesagt. Mit nassen Händen und dem Gedanken “Julia, Du bist Verrückt”. In einer Woche ging das Flugzeug. Bis dahin wachte ich jede Nacht kurz vor dem Tiefschlaf auf und hatte Panik!

Als ich dann, nach einer Woche, ins Flugzeug stieg, die Motoren aufheulten und wir beim Start in den Sitz gepresst wurden, weinte ich. Vor Freude! Es gibt kein schöneres Gefühl, als sich zu überwinden und zu sehen, dass man alles erreichen kann, wenn man wirklich will!

Wahrscheinlich habe ich bei den nächsten Flügen immer noch ein mulmiges Gefühl, aber ich weiß, dass es besser werden wird. Step by Step.

Zum Schluß würde ich gerne noch allen Menschen danken, die mich schon so lange unterstützen, die es möglich machen, meinen Traum zu leben und ich danke allen, die es möglich machen, dass sich Frauen so gut fühlen, wie sie sind!

Liebe Julia, hab vielen Dank für das spannende Interview und die persönlichen Einblicke in Dein Leben und Deine Leidenschaften! Wir freuen uns sehr, dass Du uns mit Rat und Tat zur Seite stehen wirst!

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